Adrian Wildenauer, Professor für Digitales Bauen an der BFH und neu im OK der Fuckup Night engagiert, zeigt auf: Fehler sind keine Schwäche – sondern eine Chance für Innovation und Lernen.
Das Organisationsteam der Fuckup Night hat sich für dieses Jahr Verstärkung geholt – in Person von Prof. Dr. Adrian Wildenauer sowie Heinz Schwyter, ein bekanntes Gesicht in der Proptech-Szene und Gründer von Proptechnews.ch. Beide bringen wertvolle Erfahrung und frische Perspektiven mit und bereichern damit unser Programm.
Die smino Fuckup Night hat sich seit ihrem Start als Plattform etabliert, auf der Fehler nicht tabuisiert, sondern offen geteilt werden. Bereits zwei erfolgreiche Veranstaltungen im smino Reservoir Zürich haben gezeigt, wie wichtig Transparenz in der Bau- und Immobilienbranche ist: Über 80 Gäste pro Event, hochkarätige Speaker wie Anita Eckardt (Implenia), Stefan Köhler (SBB) oder Roger Krieg, und eine überwältigende Resonanz – 90 % der Teilnehmenden bewerteten die Abende als „besonders wertvoll“.
Nun gehen wir in die dritte Runde und freuen uns, dass Adrian Wildenauer und Heinz Schwyter das OK-Team verstärken. In unserem Blog stellen wir die beiden vor und haben ihnen ein paar spannende Fragen rund ums Thema Scheitern gestellt.
Den Anfang macht heute Adrian Wildenauer.
SZ: Adrian, warum findest du es wichtig, über Misserfolge in der Baubranche zu sprechen?
AW: Die Baubranche ist geprägt von komplexen Projekten, hohen Risiken, engen Budgets und enormem Zeitdruck. Fehler können hier nicht nur teuer werden, sondern im schlimmsten Fall Menschenleben gefährden. Trotzdem herrscht oft eine Kultur des Schweigens über Misserfolge, sei es aus Angst vor Reputationsverlust oder rechtlichen Konsequenzen. Diese Kultur schadet der ganzen Branche. Wenn wir nicht offen über Fehler sprechen, wiederholen sich dieselben Probleme immer wieder. Jeder Planer, Architekt oder Bauunternehmer kämpft mit ähnlichen Herausforderungen: unrealistische Termine, unklare Kommunikation, Kostendruck, digitale Unzulänglichkeiten oder technische Schwierigkeiten. Über Misserfolge zu sprechen bedeutet, aus den Erfahrungen anderer zu lernen, ohne selbst die gleichen teuren Fehler machen zu müssen. Es schafft eine Atmosphäre des Vertrauens und der kontinuierlichen Verbesserung. Zudem humanisiert es eine Branche, die oft als kalt und technisch wahrgenommen wird. Menschen machen Fehler und das zu akzeptieren und daraus zu lernen, macht uns alle besser.
SZ: Was macht für dich einen guten Speaker für die Fuckup Night aus?
AW: Ein guter Fuckup Night Speaker zeichnet sich durch absolute Ehrlichkeit und Selbstreflexion aus. Er oder sie muss bereit sein, verletzlich zu sein und die eigenen Fehler ohne Beschönigung oder Ausreden zu präsentieren. Authentizität ist dabei entscheidend – das Publikum spürt sofort, ob jemand wirklich aus dem Herzen spricht oder nur eine geschönte Version der Wahrheit erzählt. Da kann man auch eine Illustrierte lesen. Gleichzeitig braucht es jemanden, der aus den Fehlern gelernt hat und konkrete Lektionen vermitteln kann. Was habe ich gelernt? Wie kann ich es nun besser machen? Es geht nicht darum, sich selbst zu geisseln, sondern anderen zu helfen, ähnliche Situationen zu vermeiden oder besser zu handhaben. Ein guter Speaker kann komplexe Situationen verständlich erklären, ohne zu technisch zu werden. Humor kann helfen, schwere Themen zugänglich zu machen, sollte aber nie den Ernst der Situation untergraben. Wichtig ist auch die Bereitschaft, Fragen zu beantworten und sich der Diskussion zu stellen.
SZ: Gab es ein «Fuckup» in deinem eigenen Berufsleben, das dich besonders geprägt hat?
AW: Da gab es einige (lacht). Als Praktikant vor knapp 30 Jahren musste ich einmal Fundamente einmessen für einen kleinen Stahlbau, so dass der Bagger den Bereich für die Fundamente ausheben konnte. Hinterher erfuhr ich: Man hatte mir einen alten Planstand gegeben bzw. den Stahlbau dreimal geändert und der ganz anders aussah als das schlussendliche Konstrukt. Der Polier war, sagen wir es freundlich, nicht erfreut und drückte mir eine Schaufel in die Hand. Ergebnis: Muskelkater am Abend vom Schaufeln 😉Wahrscheinlich hat das meine Affinität für digitale Methoden gestärkt, dass ich nie wieder alte Planstände haben wollte. Ich habe mehr gelernt aus nicht erfolgreichen Projekten und Misserfolgen als aus denjenigen, die wie geschnitten Brot liefen.
SZ: Welche Chance siehst du darin, Fehler öffentlich zu teilen?
AW: Das öffentliche Teilen von Fehlern schafft eine Kultur des Lernens statt des Versteckens. Wenn wir unsere Misserfolge offen diskutieren, entstehen mehrere positive Effekte:
Erstens reduziert es die Stigmatisierung von Fehlern. Andere erkennen, dass sie nicht allein sind mit ihren Problemen, was psychologisch enorm entlastend wirkt, man nennt das auch psychologische Sicherheit. Zweitens entstehen Netzwerke des Austauschs – Menschen, die ähnliche Herausforderungen durchlebt haben, können sich gegenseitig unterstützen und beraten. Drittens führt Transparenz zu besseren Lösungen. Wenn wir Probleme offen benennen, können wir gemeinsam an systematischen Verbesserungen arbeiten. Statt dass jeder einzeln gegen die gleichen Windmühlen kämpft, entstehen kollektive Lösungsansätze. Auf persönlicher Ebene wirkt das Teilen von Fehlern für mich befreiend und authentisch. Man erlebt, dass das Gegenüber auch nur Mensch ist. Es baut Vertrauen auf und zeigt Führungsstärke. Ich bin fest davon überzeugt: Menschen folgen lieber jemandem, der zu seinen Schwächen steht, als jemandem, der Perfektion vortäuscht. Es muss natürlich im Rahmen sein. Letztendlich beschleunigt diese Offenheit Innovation und Fortschritt in der gesamten Branche.
SZ: Wenn du den Gästen der Fuckup Night eine Botschaft mitgeben könntest – welche wäre das?
AW: Eure Fehler definieren euch nicht; aber wie ihr damit umgeht, schon. Jeder in diesem Raum hat schon Rückschläge erlebt, und das ist völlig normal, das ist ein normaler Lebensprozess. Was uns unterscheidet, ist nicht die Abwesenheit von Fehlern, sondern unsere Bereitschaft, daraus zu lernen und weiterzumachen.
Hört auf, euch für eure Misserfolge zu schämen. Stattdessen seid stolz auf euren Mut, es überhaupt versucht zu haben. Jeder Fehler ist ein Beweis dafür, dass ihr euch aus eurer Komfortzone gewagt habt. Das ist bereits ein Erfolg. Teilt eure Erfahrungen mit anderen. Eure Geschichte könnte genau die Person inspirieren oder warnen, die sie am dringendsten braucht. Baut Netzwerke auf, die auf Ehrlichkeit statt auf Fassaden basieren. Und denkt daran: Die erfolgreichsten Menschen sind nicht die, die nie fallen, sondern die, die am schnellsten wieder aufstehen. Eure nächste grosse Chance wartet bereits auf euch – seid bereit, sie zu ergreifen, auch mit dem Risiko, wieder zu scheitern. Denn nur wer scheitern kann, kann auch wirklich gewinnen.
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